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Schulreform in Deutschland

Vater und Sohn, eine glückliche Familie
Lesedauer für diesen Artikel : ca. 10  Minuten
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Deutschland braucht dringend eine Schulreform -
und das seit mindestens 30 Jahren
oder noch länger !

 

Was ist in dieser Zeit aber passiert ?


Eigentlich ziemlich wenig - zumindest im Bereich der öffentlichen Staatsschulen.

 

Allerdings haben wir im Bereich des Privatunterrichts eine "Abstimmung mit den Füßen" erlebt, das heißt, viele haben sich an private Bildungsdienstleister gewandt, weil sie dort die Betreuung und Förderung gefunden haben, die man an staatlichen Schulen häufig vermisst.

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Wie könnte man Schule reformieren ?

Der Kardinalfehler (= grundlegender Fehler) unseres Schulsystems ist, dass es als staatliche Behörde und nicht als kundenorientiertes Dienstleistungs-unternehmen organisiert ist. Lehrer dürften eigentlich in der Regel weder Beamte noch Angestellte des Öffentlichen Dienstes sein.


Warum ?

Nach unserer Verfassung, dem Grundgesetz, sollen nur "hoheitliche" Aufgaben von Beamten und Angestellten des Öffentlichen Dienstes wahrgenom-men werden (Artikel 33 Absatz 4).

Was ist denn das: "hoheitlich" ?

Hoheitlich bedeutet, dass eine Aufgabe normalerweise nur vom Staat selbst ausgeführt werden kann und nicht von privaten Dienstleistern, weil es im Kern eine grundlegende Staatsangelegenheit ist, deren Durchführung der Bürger akzeptieren muss, ob er nun will oder nicht. Beispiele:

- die Polizei gibt eine Anweisung
- das Finanzamt fordert auf, Steuern zu bezahlen
- das Bauamt genehmigt ein neues Haus nur, wenn es den rechtlichen Vorgaben entspricht.
 

Ist Schule denn nicht hoheitlich ?

 

Nein, das Erteilen von Unterricht ist weder hoheitlich noch irgendwie Kernfunktion des deutschen Staates ("keine originäre Staatsaufgabe").

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Zum Beispiel:

 

Mathematik wurde in weiten Teilen bereits von den alten griechischen Philosophen "erfunden" und dann im Mittelalter unter anderem von gelehrten Arabern, Mönchen und anderen Privatgelehrten weiterentwickelt. Keiner von denen war Beamter eines staatlichen Schulsystems.

 

Genauso steht es mit englischen Vokabeln:

Ganz offenkundig sind englische Vokablen und das Erlernen der englischen Sprache nicht Hoheits-angelegenheit des deutschen Staates.

Zu den Kernaufgaben des Staates gehören lediglich : äußere und innere Sicherheit, Finanzen, Rechtsprechung. 

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Auch nach dem Grundgesetz Art. 7 gibt es weder eine allgemeine Schulpflicht noch die Festlegung auf eine staatliche Schule. Es wird lediglich eine Aufsicht des Staates über das Schulwesen bestimmt.

 

Aber Mathe- und Englischlehrer sind doch trotzdem normalerweise Beamte !

 

Klar, das liegt einfach daran, dass der Staat, aus welchen Gründen auch immer, sich praktisch jeden Beruf als Beamten definieren kann, auch wenn es eigentlich "systemwidrig" ist.

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Beispiele:

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Briefträger und Lokführer waren lange Zeit Beamte, ohne eine hoheitliche Funktion auszuüben. Briefträger und Lokführer sind Dienstleister im Transport- und Logistikbereich. Genauso sind Lehrer Dienstleister im Bildungsbereich.

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Wenn nun ein "normaler", nicht hoheitlicher Dienstleistungsberuf als Beamter definiert wird, so freut sich zwar  der einzelne Briefträger, Lokführer oder Lehrer, denn er hat ja ein vermeintlich sicheres, lebenslanges Gehalt. Für die Firma, also die Post, Bahn oder Schule hat das aber durchweg desaströse Folgen:

Solche staatseigenen Firmen entwickeln nämlich erfahrungsgemäß bald ein riesiges Defizit, das dann aus der Staatskasse bezahlt werden muss; der Dienstleistungsgedanke geht verloren, die Leistung dieser Behörde, die eigentlich eine privatrechtliche Firma sein müsste, wird langsam und selbstblockiert. Im Ergebnis wird mit hohem Aufwand am Bedarf des Bürgers und an der Lebensrealität vorbei gearbeitet.

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Jeder kennt das insbesondere von unserern allgemeinbildenden Schulen. Beispiele:


Die Lehrpläne sind voll mit Inhalten, die im normalen Leben, in Beruf, Alltag und bei privaten Aktivitäten praktisch nicht mehr vorkommen.

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Oder der Unterrichtsausfall: Krankheitsbedingt fällt z.B. sehr viel Unterricht aus. Falls der Mathelehrer nicht da ist, wird er häufig aber - wenn überhaupt  - von einem anderen Fachlehrer vertreten,z.B. dem Biologielehrer. Der Biologielehrer macht aber keinen Matheunterricht, auch keinen Biologieunterricht, sondern maximal Hausaufgabenbetreuung. Das heißt: Auf dem Papier, für die Statistik,  ist der Unterricht nicht  ausgefallen, faktisch hat es aber für den Schüler keinen Unterricht gegeben, obwohl der Staat zwei  teure Lehrkräfte bezahlt hat.

Wie kann man den Lehrer  neu definieren ?

Der Lehrer ist "von Natur aus" ein geborener Freiberufler, mit neuen pädagogischen Konzepten und wissenschaftlichen Erkenntnissen, frei von der Bevormundung des Staates und trotzdem im Dienst der Allgemeinheit.

Der Lehrer steht von seiner Bedeutung her auf einer Stufe mit anderen Freiberuflern: den Ärzten, Architekten, Rechtsanwälten, Notaren, Schriftstellern und Künstlern usw. (welche  natürlich nicht verbeamtet sind), und ist damit eine tragende Säule unserer Gesellschaft.

Das macht gerade die Verantwortung der genannten Berufe aus: Sehr wichtige Funktionen im Bereich Gesundheit, Recht, Bauwesen, Kunst und Kultur werden von Personen ausgeübt, die ihre eigenen Vorstellungen ohne staatliche Bevormundung umsetzen können sollen (natürlich im Rahmen der allgemein gültigen Gesetze).


Beispiele:

Der Rechtsanwalt vertritt seinen Mandanten so, dass dessen Interessen am besten gewahrt werden (und nicht so, wie es das Justizministerium anordnet).

Der Architekt baut das Haus so, dass es dem Bauherrn am besten gefällt - und nicht dem Bauministerium.

Nur beim Lehrerberuf ist es anders: Der Lehrer unterricht die Schüler so, wie es das Ministerium per Lehrplan anordnet. Jeder weiß, dass dies zu riesigen Verstimmungen und Problemen im Schulallteag führt.

Die Tatsache, dass man Lehrer verbeamtet, führt dazu, dass praktisch alle Kreativkräfte und Reformvorstellungen, die Lehrer noch zu Beginn ihres Studiums haben, alsbald im Schulalltag abgetötet werden - weil das bürokratische System "Schule" gerade sehr wenig Raum für Kreativität und Innovation bietet
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Aber man hat doch die Wahl zwischen verschiedenen Schulformen !?

...was weitestgehend eine Augenwischerei ist, denn Schulen mit echtem Alternativkonzept (z.B. die Walldorfschulen, Montessori, Homeschooling als vollwertige Alternative wie im englischsprachigen Raum) sind überaus dünn gesäht.

Auch sogenannte "Privatschulen" unterscheiden sich häufig kaum oder gar nicht von den Staatsschulen, da diese inhaltlich vollständig in den ministeriell geführten Behördenapparat integriert sind. Lediglich die schulinterne Organisation und die Verwaltung z.B. des Schulgebäudes sind in privater Hand. Nur selten setzen "Privatschulen" inhaltlich und lehrplanmäßig andere Akzente.

Die "Rettung" besteht für viele darin, möglichst Abitur zu machen, was aber auch keine Lösung sein kann. Denn eine akademische Laufbahn ist nun mal keine Laufbahn für jedermann.

Völlig zu Unrecht ist die Hauptschule zu einem bildungspolitischen Abstellgleis geworden. Im Gegenteil: Die Hauptschule war für viele der Ausgangspunkt für eine normale Berufsausbildung mit anschließender Meisterschule und Unternehmensgründung, eine Weg also, der Fachkräfte "von der Pike auf" hervorgebracht hat. 


Es ist ein bildungspolitischer Unsinn, heute das Abitur als bevorzugten Schulabschluss für jedermann zu propagieren.

Welche echten Alternativen gibt es ?

"Schule" kann in den unterschiedlichsten Formen realisiert werden, die sich erwiesenermaßen in der deutschen Geschichte und in anderen Ländern bewährt haben :

- als "Homeschooling" (der Schüler lernt zuhause allein oder in kleinen Gruppen mit seinen Eltern, Verwandten oder Hauslehrern); im englischsprachigen Raum überaus erfolgreiches Konzept mit häufig überdurchschnittlichen Lernerfolgen  - in Deutschland kriminalisiert;

- als "Unschooling" (der Schüler wird nicht unterrichtet, sondern lernt autodidaktisch); sicherlich keine geeignete Schulform für alle, wohl aber  für Sondertalente die beste Lösung. Vor allem für Mathegenies und angehende Nobelpreisträger geeignet. In Deutschland völlig aus der Mode gekommen.

- Privatunterricht beim Hauslehrer statt Gymnasium : Bis in die Weimarer Zeit vollwertige und erfolreiche Unterrichtsform, vor allem im gehobenen Bildungsbürgertum.

- Lernen in kleinen Instituten statt "Klassengemeinschaft", welche sich  für viele als "Zwangs- und Zweck- gemeinschaft" darstellt, oft verbunden mit schrecklichen Erfahrungen (Mobbing, psychische Erkrankungen).

Braucht man denn keine staatliche Kontrolle mehr ?

Doch klar, die Prüfungen könnten nach wie vor vom Schulministerium herausgegeben werden wie auch jetzt schon bei Zentralklausuren und ZAPs (zentralen Abschlussprüfungen/ mittlere Reife) üblich.

Damit wäre gewährleistet, dass das "gesamte Schulwesen [...] unter der Aufsicht des Staates " steht (Artikel 7 Absatz 1 Grundgesetz), ohne dass der Staat selbst zwingend als Bildungsdienstleister auftreten muss. Die Vergleichbarkeit der Bildungsabschlüsse wäre gewährleistet.

Schüler könnten modulartig "ihren" Schulabschluss zusammenbauen: Der Mathe-Überflieger könnte seine ZAP-Mathe oder Abiturprüfung schon vorzeitig ablegen, wer länger braucht, zu einem späteren Zeitpunkt.

Dies entspräche der Vorgehensweise beim Führerschein : ein System des individuell angepassten Lernens, mit überragendem Erfolg übrigens - eine Vielzahl von jungen Leuten macht mit 18 den Führerschein, ohne dass es eine Zwangsverordnung des Ministeriums gäbe !

Der Staat hat gegenüber unseren Kindern eine Fürsorgepflicht. Diese Fürsorge kann sich aber nur auf Unterstützung, Prüfungsdienst- leistungen und Finanzierungshilfe erstrecken und darf nicht zur Bevormundung mißbraucht werden. Keineswegs darf die staatliche Fürsorgepflicht für ein dysfunktionales staatliches Zwangsmonopol auf Bildung benutzt werden, denn

    

"Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei." (Artikel 5 Absatz 3 Grundgesetz)




Schule kostet enorm viel Geld, schätzungsweise 13.000 € pro Kind und Jahr. Vieles von diesem (Steuer-) Geld kommt gar nicht den Schülern zugute, sondern verschwindet im bürokratischen Bildungssystem. Man könnte selbst nur Teile dieses Betrages den Eltern in Form von Bildungsgutscheinen zukommen lassen  (Umstellung von "Objektförderung" = Finanzierung des Schulsystems, auf "Subjektförderung" = Förderung des einzelnen Schülers). Diese Forderungen werden seit Jahren erhoben und auch in die Tat umgesetzt - im Ausland. Selbst das Arbeitsamt leistet hier außerschulisch mit Bildungsgutscheinen eine gute Arbeit.

Noch ein Vergleich zur Autoindustrie:

Würde der Staat die Autos selber bauen, wäre dies eine Katastrophe (siehe DDR-Trabbi). Man bekäme nämlich, genau wie im deutschen Bildungswesen, ein Auto, das konsequent 30 Jahre hinter der Entwicklung zurückliegt.  Stattdessen beschränkt man sich glücklicherweise in der Industrie darauf, gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Und innerhalb dieser Bedingungen entwickeln viele kreative Köpfe technische Neuerungen, die so erfolgreich sind, dass sich deutsche Autos weltweit gut verkaufen.

"Schule" steht in den Landeshaushalten als Rechnungsposten an forderster Front. Der Staat gibt sehr viel Geld für Bildung aus. Deutsche Lehrer erhalten im Vergeich zum OECD-Durchschnitt (OECD  : weltweite Vereinigung wichtiger Industriestaaten) ein etwa doppelt so hohes Gehalt.  Große Teile der staatlichen Bildungsausgaben verschlingt der bürokratische Apparat genannt Staatsschule; an Individualförderung kommt beim Schüler in der Regel sehr wenig an. Es ist keine Lösung, noch mehr Geld in dieses erstarrte Behördensystem zu pumpen.

Das vom Staat ausgegebene Geld muss in aller erster Linie so ausgegeben werden, dass es dem humanistischen Bildungsideal entspricht:

Der Mensch mit seinen Begabungen und Schwächen muss wieder im Mittelpunkt stehen, Schüler, Eltern und Lehrer, und nicht der Selbsterhalt eines bürokratischen Systems, welches unser Schulwesen seit den preußischen Reformen von vor 200 Jahren weitestgehend unreformiert darstellt.

Realisiert werden kann dies durch eine Neudefinition des Lehrers als freiberuflicher Dienstleister und nicht als Beamter, einer  Anerkenung aller  erwiesenermaßen erfolgreichen Schul- und Unterrichtsformen  bei gleichzeitiger Bereitstellung von Prüfungsdienstleistungen durch das Ministerium.

Der Staat muss sich abwenden von seiner jetzigen "Objektförderung" (das meiste Geld fließt derzeit in das Objekt "Staatsschule") und hinwenden zu einer "Subjektförderung" (Subjekt = Schüler), und diesen individuell mit Bildungsgutscheinen ausstatten.

Eine solche Reform wäre ein wirklicher Beitrag zur Humanisierung unseres Bildungssystems.


Verantwortlich für diesen Beitrag:


Mark-Thomas Hödtke
Broeckhof 23
47623 Kevelaer

Wie lassen sich alternative Schulformen finanzieren ?
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